Knapp: „Kinder zahlen die Rechnung für zunehmend komplexe und langanhaltende Krisen. Ganze Generationen wachsen in Konflikten und in Flüchtlingscamps auf - das muss aufhören!“
Im Jahr 2023 konnten weltweit 72 Millionen Kinder als Folge von Konflikten und Krisen nicht zur Schule gehen. 1.650 verifizierte Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser im vergangenen Jahr haben verheerende Auswirkungen auf das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. 47 Millionen Kinder sind aufgrund von Konflikten und Krieg vertrieben, und weltweit sind ungefähr eine Milliarde Kinder multidimensional arm - das heißt, sie haben keinen Zugang zu Nahrung und sauberem Wasser und können ihre Grundbedürfnisse nicht ausreichend decken. Andreas Knapp, Generalsekretär Internationale Programme der Caritas Österreich: „Im Jahr 2023 hatten 30 Prozent mehr Kinder als im Vorjahr keinen Zugang zu humanitärer Hilfe, das ist ein Skandal! Die meisten schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen gegen Kinder wurden in Israel und Palästina, der Demokratischen Republik Kongo, Myanmar, Somalia, Nigeria und dem Sudan festgestellt - das sind alarmierende Entwicklungen, die uns deutlich machen: Kinder und Jugendliche sind am schlimmsten von Krieg und Konflikten betroffen. Sie zahlen die Rechnung für zunehmend komplexe und langanhaltende Krisen. Ganze Generationen wachsen nicht kindgerecht in Konflikten und in Flüchtlingscamps auf - das muss aufhören, und dafür arbeiten wir als Caritas in unseren Projekten.“
Bildung: Hoffnung für Heranwachsende
Zugang zu Bildung ist im Krieg und auf der Flucht besonders schwierig; viele junge Menschen haben keinen oder nur beschränkten Zugang zu Unterricht und Lernmöglichkeiten. Für Flüchtlingskinder gibt es besonders große Barrieren beim Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung: Flüchtlingskinder gehen fünfmal häufiger als andere Kinder nicht zur Schule. Nur die Hälfte aller Flüchtlingskinder sind in einer Grundschule eingeschrieben. Ohne Bildung haben Kinder aber wenig Chancen, eines Tages der Armut zu entkommen. Andreas Knapp: „Schulen und Safe Spaces geben Kindern außerdem ein Gefühl von Normalität und Routine, sie schützen sie vor Missbrauch, Vernachlässigung, Ausbeutung und Gewalt und schaffen ein sicheres, förderliches Umfeld. Bildung ist ein - wenn nicht sogar der - zentrale Schlüssel für eine chancenreiche Zukunft.“
Südsudan: So hilft die Caritas
Bedingt durch den seit 2013 andauernden gewaltvollen Konflikt im Südsudan weist dieses Land eine der niedrigsten Alphabetisierungsraten der Welt auf: Schulen mussten geschlossen werden oder wurden zerstört. Rund drei Viertel der Kinder im Grundschulalter, vor allem Mädchen, gehen nicht zur Schule und es mangelt an gut ausgebildetem Lehrpersonal. 2,2 Millionen Menschen wurden intern vertrieben. So auch der zwölfjährige Andrew, der aufgrund von Kampfhandlungen in seinem Dorf mit seiner Mutter und seinen Schwestern fliehen musste und seit sieben Jahren im Flüchtlingslager Gumbo lebt. Dort besucht er die sechste Volksschulklasse der von den Salesianern Don Boscos betriebenen Primary School, die von der Caritas unterstützt wird, um Kindern und Jugendlichen qualitative Bildung zu ermöglichen. Andrew sagt: „Ich möchte ein guter Mensch werden, und die Schule wird mir dabei helfen, mehr Wissen zu erwerben und in Zukunft eine Arbeit zu bekommen. So kann ich hoffentlich irgendwann mit meiner Familie das Lager verlassen und auf eigenen Füßen stehen.“
Gelebte Solidarität: Österreichische Jugendliche engagieren sich
Ungleiche Lebensrealitäten erfordern globale Solidarität und globales Lernen, denn multiple Krisen und ihre Auswirkungen sowie Armut und Ungleichheit werden auch die kommenden Generationen begleiten. Umso wichtiger ist es, Kindern und Jugendlichen in Europa ein Bewusstsein für globale Zusammenhänge zu vermitteln. So bietet beispielsweise die youngCaritas (www.youngcaritas.at) seit vielen Jahren kostenlose Workshops zu Themen wie Hunger, Nachhaltigkeit, Klimagerechtigkeit, Flucht, Frieden und vielem mehr an. Gleichzeitig bekommen Kinder und Jugendliche bei der youngCaritas auch die Möglichkeit, sich direkt für den guten Zweck zu engagieren, beispielsweise mit einer Teilnahme am youngCaritas LaufWunder, wo man sich für inklusiven Turnunterricht im Kongo, die Renovierung eines Schulgebäudes im Südsudan oder für einen sicheren Schulweg im Libanon einsetzen kann. Auch im Rahmen des Programms der Internationalen Freiwilligeneinsätze (www.internationalerfreiwilligeneinsatz.at/) haben junge Erwachsene die Möglichkeit, die Internationalen Projekte der Caritas kennenzulernen und vor Ort mitzuarbeiten. Interkulturelle Verständigung, gegenseitige Achtung und gelebte globale Verbundenheit und Solidarität stehen hier im Fokus.
Entwicklungspolitisches Handeln: Kinderrechte stärken
„Kinder sind am schlimmsten von Krieg und Konflikten betroffen, sie sind am verwundbarsten, da sie den Schutz durch Erwachsene verlieren und damit dem Risiko ausgesetzt sind, Opfer von Ausbeutung, Missbrauch oder Gewalt zu werden. Krieg und Konflikte verletzen die Kinderrechte, die übrigens von allen Staaten weltweit ratifiziert wurden: das Recht auf Leben, das Recht auf Familie und Gemeinschaft, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Bildung und das Recht auf Sicherheit und Schutz. Alle Kinder weltweit sollten ein Leben ohne Angst führen können,“ so Andreas Knapp. Damit dies gelingt, sei es dringend notwendig, das Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik für 2025-2027 noch in dieser Legislaturperiode zu beschließen und mögliche Verzögerungen durch Neuwahlen zu vermeiden. Das Dreijahresprogramm ist ein wichtiges Planungsdokument für die Humanitäre Hilfe und Entwicklungsarbeit und ein starker Hebel für nachhaltige Veränderung. „Es ist unerlässlich, dass Kinderrechte weltweit gestärkt werden und auch durch eine Kinderrechtsstrategie für das außen- und entwicklungspolitische Handeln Österreichs Chancengerechtigkeit für besonders vulnerable Kinder und Jugendliche erreicht wird.“