Generalsekretär Bernd Wachter fordert „mehr Europa in der Asylfrage“ und beurteilt Pläne, 500 Flüchtlinge aus Traiskirchen in der Slowakei zu betreuen, zurückhaltend.
Im Vorfeld des heutigen EU-Innenminister-Treffens in Luxemburg appelliert Caritas Österreich Generalsekretär Bernd Wachter an die Verantwortlichen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten: "Wir brauchen in der Flüchtlingsfrage mehr Europa und nicht weniger. In einem vereinten Europa grenzt Lampedusa, grenzt das Mittelmeer nicht nur an Länder wie Italien oder Griechenland, sondern an jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU. Asyl ist ein Menschenrecht, das von keinem Land der Europäischen Union in Frage gestellt werden darf." Die Caritas mahnt in diesem Zusammenhang, dass für eine gleichmäßige Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU, die von den Mitgliedsländern gemeinsam beschlossenen Aufnahme- und Verfahrensstandards auch überall eingehalten werden müssen. "Es braucht ein Bekenntnis durch Taten, die erkennen lassen, dass die EU-Staaten ihre Verpflichtungen auch umsetzen. Im Artikel 80 des EU-Vertrags findet sich klar der Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten innerhalb der Union. Wenn es um Banken geht, werden Aufgaben längst gemeinsam bewältigt. Geht es aber um schutzsuchende Menschen, die vor Krieg, vor Hunger und Folter geflohen sind, werden Flüchtlinge und damit auch die humanitäre Verantwortung sträflich abgeschoben. Diese Nicht-Politik muss ein Ende haben!" Wachter kann sich in diesem Zusammenhang auch ein positives Anreizsystem auf europäischer Ebene vorstellten, das jenen Ländern zugute kommt, die mehr Flüchtlinge bei sich aufnehmen.
Zurückhaltend sieht die Caritas indes die Pläne des Innenministeriums, dass künftig 500 Flüchtlinge aus Traiskirchen in der Slowakei betreut werden sollen. "Es geht hier nicht um die Frage, welche Lösung die für Österreich günstigste ist, sondern darum, ob Österreich Asyl auch in Zukunft als ein Menschenrecht anerkennt, das innerhalb des Landes in vollem Umfang gelebt wird und das innerhalb der Grenzen Gültigkeit besitzt." So sei auf der einen Seite zu sagen, dass "jedes Quartier, das verhindert, dass hunderte Menschen in Traiskirchen ohne Dach und Bett und unter freiem Himmel schlafen müssen, zu begrüßen ist. In diesem Sinne habe ich ein gewisses Verständnis." Auf der anderen Seite ist aber klar: "Eine nachhaltige Lösung der Quartiersfrage wird auch mit einem solchen Schritt nicht erzielt. Wenn knapp 75 Prozent aller österreichischen Gemeinden bis heute keinen einzigen Asylwerber aufgenommen haben, sind noch weitere Quartiere in Österreich möglich. Wir würden uns eine Rückkehr der verantwortlichen PolitikerInnen in Österreich an den Verhandlungstisch wünschen. Der gescheiterte Gipfel von Bundesregierung und Landeshauptleuten kann nicht das letzte Wort sein. Das gilt für die notwendige Unterstützung für Gemeinden, die sich engagieren, ebenso, wie etwa für die dramatische Situation der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, für die weder Traiskirchen noch ein Abschieben in die Slowakei ein kind- und jugendgerechter Umgang wäre. Eine etwaige Kooperation mit der Slowakei kann einen Schulterschluss zwischen Bund, Ländern und Gemeinden nicht ersetzen."
Abschließend fordert Wachter auch die Offenlegung des Vertrags zwischen Österreich und der Slowakei: "Hier würden wir uns im Sinne der Betroffenen ein transparentes Vorgehen wünschen. Noch sind zentrale Fragen nicht geklärt. Denn Flüchtlinge haben im Zulassungsverfahren Anspruch auf Rechtsberatung. Dieser Rechtsanspruch müsste auch weiterhin uneingeschränkt gewahrt sein. Außerdem muss das Mitwirken am eigenen Verfahren in vollem Umfang möglich sein. Und schließlich muss die Qualität der Unterbringung jener entsprechen, die auch bei uns in der Grundversorgungsvereinbarung festgeschrieben ist. Wir, die Republik Österreich, tragen die Verantwortung für diese Menschen!"
(Presseaussendung 9.7.2015)