Not braucht Aufmerksamkeit! - Pressereise nach Kenia

Pressereisen sind Augenöffner. Sie bringen JournalistInnen in direkten Kontakt mit den Schicksalen der Menschen und somit auch die Leser, Hörer und Zuseher der Medien. Die Caritas-Pressereise nach Kenia vor zwei Wochen wurde für alle Beteiligten zur psychischen und physischen Herausforderung.

Von Margit Draxl. Dieser Beitrag ist Teil des Blogs "Hautnah am Hunger".

Compliance Hinweis: Die Reise wurde teilweise von SponsorInnen der Caritas finanziert.

 

Ein kleiner Rückblick: Im Februar 2017 hatte Stephen O‘Brien, der Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen vor dem Weltsicherheitsrat eine Rede gehalten und Alarm geschlagen. O'Brien warnte vor der schlimmsten humanitären Katastrophe seit 1945. Sollte die Hilfe nicht substanziell erhöht werden, könnten bis zu 20 Millionen Menschen in Afrika an Hunger sterben. Nach einer außergewöhnlichen Dürreperiode und kriegerischen Auseinandersetzungen sind Millionen Menschen in Ostafrika vom Hungertod bedroht. Bis zu vier Millionen Menschen allein in Kenia.

Ziemlich zeitgleich dazu schickte unser lokaler Projektpartner PACIDA aus Kenia erste Fotos von verendeten Tieren aus Kenia. Nach ein paar internen Gesprächsrunden war klar: Als Caritas Österreich müssen wir reagieren, müssen auf diese stille Katastrophe aufmerksam machen!

Anreise

Weite Anreise nach North Horr, Kenia

Zu Beginn: Noch gute Stimmung

Am 18. Juni stehe ich um Punkt 07:30 Uhr am Flughafen Wien Schwechat und mit mir bald darauf 11 JournalistInnen, bunt gemischt aus allen Medienbereichen Österreichs: Fernsehen, Print, Radio, Agenturen, online. Auch mit dabei: Michael Landau, Caritas Präsident und Christoph Schweifer, Caritas Auslandshilfechef.

Die Stimmung ist gut, man kennt einander teilweise, alle sind ein bisschen aufgeregt, freuen sich auf ein bisschen Abwechslung zum „Daily Business“ in Österreich, auf ein bisschen Abenteuer. Es sind „alte Hasen“ dabei, KollegInnen mit langjähriger Erfahrung, aber auch junge JournalistInnen, für einige ist es das erste Mal in Afrika.

Ich verteile die Pressemappen an die Gruppe, mit Informationen zum geplanten Programm, mit Hintergrundinfos zu Entwicklungszusammenarbeit, Zahlen, Daten, Fakten zum bevorstehenden Programm und zur Arbeit der Caritas vor Ort mit unserer lokalen Partnerorganisation PACIDA.

Die KollegInnen von PACIDA hatten die Reise im Vorfeld gemeinsam mit Caritas-Helfer Raphael Thurn-Valsassina vorbereitet und holen uns nach einer aufregenden Anreise über Amsterdam, Nairobi in North Horr, im Norden Kenias, auf einer Landepiste der regionalen Fluglinie MAF mit kleinen, geländegängigen Fahrzeugen ab.

Gruppenbild am Flughafen Wien Schwechat

Ankunft in einer kaum erträglichen Gegend

Gleich bei unserer Ankunft in North Horr, im Norden Kenias, ist klar: Die Lebensbedingungen hier sind für Mensch und Tier kaum zu ertragen. Extreme Hitze, dazu der heftige, heiße Wind. Innerhalb weniger Minuten fühlen wir uns vollkommen ausgetrocknet.

Im Idealfall ist eine von einer NGO organisierte Reise eine Win-win-Situation: Die JournalistInnen bekommen so eine aktuelle Geschichte, die sie ohne praktische Hilfe nicht oder nur sehr schwer organisieren hätten können. Die Organisation, die Caritas, bekommt so Aufmerksamkeit für ihre Arbeit für Menschen in Not. Soziale Themen, aktuelle Schieflagen in unserer Gesellschaft und die Arbeit für Menschen in Not, können einer breiten Öffentlichkeit kommuniziert werden.

Lebensmittelverteilung

Unsere Partnerorganisation PACIDA hat vor Ort eine dringend notwendige Lebensmittelverteilung organisiert. 

Lebensmittelverteilung

Der Kernauftrag der Caritas lautet: Not zu sehen und zu handeln und für jene Menschen einzutreten, die keine Stimme haben. Das bedeutet: Menschliches Leben zu achten und zu schützen. Menschen in Notlagen zu helfen, ungeachtet ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihres Geschlechts.

Das halten wir uns noch einmal vor Augen, als wir unseren ersten Programmpunkt unserer Kenia-Reise erreichen. Quorca heißt der Ort, besonders schwer von der Dürre getroffen. Männer, Frauen und Kinder warten auf uns. Sie haben gehört, dass wir nicht mit leeren Händen kommen. Unsere lokale Partnerorganisation PACIDA hat für heute eine Lebensmittelverteilung organisiert.

Während der nächsten Stunden sind alle im Einsatz: Die Lebensmittelverteilung ist im vollen Gange, die JournalistInnen schwärmen aus, um Familien zu besuchen und um mit den Menschen direkt und persönlich zu reden. 

Tierkadaver in North Horr. Sie müssen verbrannt werden, damit keine Seuchen ausbrechen.

Gespräche über das, was wir gesehen haben

Am späten Nachmittag machen wir uns auf den Weg in unser Quartier – die Catholic Mission North Horr nimmt uns freundlicherweise für eine Nacht auf. Am Weg zur Mission säumen Tierkadaver und Skelette unseren Weg.

Am Abend sitzen wir in der Gruppe zusammen und unterhalten uns darüber, was wir gesehen, gehört, erlebt haben.  Spätestens jetzt geht’s für niemanden mehr um einen Abenteuer-Trip, allen wurde in den vergangenen Stunden klar, dass die Menschen hier ums Überleben kämpfen. Es seien bereits Kinder gestorben, wird erzählt, bei einer Familie hätte ein Sohn seine Mutter aus der Hütte raustragen müssen, weil sie zu schwach war, um selbst aufstehen zu können.

Der wunderschöne Sternenhimmel über uns steht im Kontrast zu den traurigen Erlebnissen und veranschaulicht gleichzeitig, wie klein und unbedeutend wir Menschen doch sind. Ein paar Witze noch, um sich abzulenken, dann werden alle ziemlich ruhig. Bald geht die Gruppe schlafen.

Viola Bauer, Christina Traar und Saskia Etschmaier bei der Arbeit. Ein Mitarbeiter von PACIDA hilft beim Übersetzen der Interviews mit den Müttern im Baby Feeding Center.

Nahrung für unterernährte Kinder

Am nächsten Morgen besuchen wir ein sogenanntes „Baby Feeding Center“: Mütter können hier einmal in der Woche mit ihren Kindern herkommen, die Kleinkinder werden untersucht, gewogen, abgemessen. Dafür nehmen die Mütter oft tagelange Märsche in der sengenden Hitze auf sich. Denn alle Kinder sind zu klein für ihr Alter, viel zu leicht, haben Hunger. Eine extrem belastendende Situation, wie die Mütter den Journalistinnen berichten.

Auf unserem Weg von North Horr nach Marsabit kommen wir durch viele Dörfer und überall gleichen die Bilder einander: Die Menschen haben alles verloren, die meisten Tiere sind verendet, die Situation spitzt sich dramatisch zu.

Unsere JournalistInnen machen sich ein Bild von der aktuell sehr verzweifelten Lage der Menschen im Norden Kenias. Ohne Hilfe von außen wäre die Lage völlig aussichtslos: Die Menschen sind auf Hilfslieferungen, Nahrungsmittel und Wasser angewiesen.

Projekte, in denen die Hilfe ankommt

Im Babyfeeding-Center werden die Kinder medizinisch untersucht und bekommen dringend notwendige Zusatznahrung. Wasseraufbereitungsanlagen ermöglichen, dass Familien ihre Kanister füllen können. Kinder bekommen in Schulprojekten Perspektiven.

Die Hilfe kommt an

Und das ist die eigentlich wichtigste Botschaft: Die Hilfe kommt an! Es gibt sie – die Hoffnungsschimmer inmitten einer für uns unwirklichen Lebenswelt.

  • Es gibt funktionierende Wasser und Brunnenprojekte, wo Frauen in Kanistern sich auch in Dürrezeiten an einem sogenannten „Wasserkiosk“ sauberes Wasser holen können!
  • Es gibt Schulprojekte, die den Kindern Perspektiven bieten und der ganzen Region Entwicklung bringen.

Und auch darüber berichten die JournalistInnen. Denn: Not only bad news are good news :)

Über die Autorin - Margit Draxl

Margit Draxl ist Pressesprecherin der Caritas Österreich. 

Über diesen Blog

Im Blog "Für eine Zukunft ohne Hunger" erzählen Caritas-HelferInnen von vor Ort. Was haben sie gesehen? Warum wird Hilfe benötigt? Und wie wird geholfen?

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